Bodi Bill

20. Mai 2022 20:00 Uhr

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KiTZ

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Better Than Reality Tour 2022

Wenn man auf ein und demselben Album Elon Musks SpaceX, den Selbstoptimierungswahnsinn der Gegenwart und die nächtliche Konfrontation frischgebackener Eltern mit der nie versiegenden Energie des Neugeborenen unterbekommt, gleichzeitig aber genug Raum für völlig eigene Interpretationen bleibt, kann es sich nur um das neue Werk von Bodi Bill handeln.

Zehn Jahre nach der letzten Platte “What” weist das Berliner Kollektiv rund um den Sänger und Produzenten Fabian Fenk endlich wieder “Zurück in die Zukunft”, mit eklektischen Sounds zwischen Indie-Folk und Electronica und den futuristischen Themen auf “I Love U I Do”.

“Ich bin zu Beginn der Pandemie das erste Mal Vater geworden und hab mich in eine Phantasiewelt zurückgezogen”, erzählt Fenk. Herausgekommen sind dabei zwölf Songs, die wie Mosaike den Zustand unserer Welt skizzieren. “How can I be sure?”, singt Fenk etwa in der bereits erschienen gleichnamigen Single – dieses Suchen durchzieht die neue Arbeit von Bodi Bill, hat es vermutlich immer schon: der Weg ist das Ziel, die Frage ist die Antwort. Ihr mittlerweile viertes Album will sogar noch nicht mal eines sein – eher ein Assoziations-Allerlei, ein lautes Denken, eine Playlist, wenn überhaupt.

Diese Bedeutungsoffenheit schlägt sich schon im Titel nieder: “I Love U I Do” – ist es eine Bestätigung für das Gegenüber? Für sich selbst? Zeugt der Nachsatz von Sicherheit – oder entlarvt er eben gerade Unsicherheit? Geht es überhaupt um einen Menschen – oder nicht vielleicht um die Erde? “Ich muss immer wieder daran arbeiten, nicht den Glauben zu verlieren, dass wir das mit unserer Umwelt noch hinkriegen”, sagt Fenk. Man spürt diese Beschäftigung in den Songs. “I Love U I Do” ist ein Soundtrack unserer fluiden, fragmentarischen Welt – das Album zur Gegenwart.

Aber da es sich hier um Bodi Bill handelt, sollte das Ganze nicht etwa staatstragend aufgefasst werden – seine ganz typische Ironie hat sich das Projekt nach wie vor erhalten. Im Musikvideo zur Single “Loophole Travelling” etwa steigen Fenk und ein schnurrbärtiger, blondperückter Kompagnon als zwei Paradiesvögel in bunten Fransenfetzen aus einer Baggerschaufel (ja!), wo sie von einer exaltierten Social-Media-Süchtigen aufgegabelt und an Leinen durch die Stadt gezerrt werden, um unter anderem vor einem Plastikdino (ja!) für Handyfotos zu posieren, anschließend in einen Fluss geschubst und am Ende im Wald lebendig begraben zu werden!

Der gelernte Grafikdesigner Fenk, der neben der Musik auch für alles Visuelle zuständig ist, zeigt einmal mehr seine unbändige Kreativität. Und so ist alles im Fluss – auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen Anton Feist und Alex Stolze, neben denen diesmal eine Reihe neuer innovativer Köpfe involviert ist, die Bodi Bill weniger zu einem Trio, als vielmehr zu einer Art Mind Map des Musizierens macht. Und die vergangenen zehn Jahre waren nicht etwa untätig: Die Bandstruktur öffnete sich etwa 2012, als Fabian Fenk und Anton Feist ihr Duo-Projekt The/Das starteten. Nach dem Debütalbum „Freezer“ (2014) erschien 2017 „Exit Strategies“, über das der Musikexpress wunderschön schrieb: „Hauntologische Techno Tenderness für glückliche Stunden im Bett oder an der Schreibmaschine.“ Es war eine produktive Phase, in der Fenk und Feist beim italienischen Label Life and Death veröffentlichten und unter anderem das Techno-Duo Tale of Us remixten.